Definition:
Man spricht von einer Leinenaggression, wenn sich ein Hund an der Leine aggressiv verhält, im Freilauf aber verträglich ist. In den meisten Fällen richtet sich diese Leinenaggression gegen Artgenossen, es kann aber auch sein, dass er das abwehrende Verhalten an der Leine gegen Menschen zeigt, während er freilaufend einfach seinen Weg geht.
Ursachen:
Es gibt mehrere Ursachen, die zu einer Leinenaggression führen können. Die Dominanztheorie oder das Rangordnungproblem gehören garantiert nicht dazu, denn ein leinenaggressiver Hund ist unsicher oder sogar ängstlich und dies hat mit Dominanz nichts zu tun!
In vielen Fällen ist es eine Mischung aus den Folgenden:
Fehlverknüpfung:
Bsp: ein Hund wird immer wieder mit scharf gesprochenem Kommando “Bei Fuß” oder “Nein” an der Leine geruckt in dem Moment, wo er einen Hund ansieht. Der Hund verknüpft die schmerzhafte Einwirkung des Rucks und die scharfe Stimme des Hundehalters mit dem Anblick des Artgenossenen. Er lernt somit, dass es unangenehm und sogar “gefährlich” ist, wenn er angeleint auf andere Hunde trifft und entwickelt dadurch das Abwehrverhalten.
-> oft wird dies nicht nur von unwissenden Hundehaltern so gemacht, sondern auch von angeblich professionellen Trainern!
Frustration:
Ganz oft hört man von Hundebesitzern “Der will ja nur hin!”
Ein Hund, der bspw. als kleiner Welpe aufgregt zu jedem Hund hin durfte und nun mit der Leine davon abgehalten wird, kann Frustverhalten entwickeln. Warum darf er jetzt nicht mehr, wenn er doch sonst immer durfte?! In vielen Fällen entsteht aus der Frustration eine Aggression. Vorallem dann, wenn man das Verhalten des Hundes in solchen Fällen versucht über Druck und Strafe zu unterdrücken. -> ich rate daher auch dringend ab von Hilfsmittel wie Disc-Scheiben, Klapperbüchsen, etc. (s. Fehlverknüpfung).
Stimmungsübertragung:
Die Stimmung des Besitzers kann sich stark auf die des Hundes übertragen. Nimmt der Hundebesitzer die Leine kurz und stramm, ermahnt den Hund im harten Ton, dass er brav bleiben soll oder mit ängstlicher Stimme, dann wird dem Hund “Alarm” signalisiert.
Manche Hunde werden dadurch ängstlich, andere gehen in dieVerteidungshaltung.
-> BEIDES ist KEIN freundschaftliches und entspanntes Miteinander!
Individualdistanz:
Jeder Hund besitzt eine gewisse Individualdistanz. Oft ist zu beobachten, dass Menschen ihre Hunde auf einem Gehweg an einem anderen Hund vorbei “quetschen”, wobei der Hund viel lieber in einem etwas größeren Abstand vorbei gegangen wäre.
Der eine Hund wird dadurch ängstlich und zieht weg, der andere geht in die Abwehrhaltung.
Vergessen Sie nicht: freilaufende, gut sozialisierte Hunde begegnen sich nicht frontal, sondern in einem Bogen!
Negatives Erlebnis:
Als letztes bleibt noch, dass der Hund angeleint ein negatives Erlebnis hatte, z. B. die Hunde, die an der Leine von anderen Hunden überfallen oder sogar gebissen wurden und der Hund verknüpft hat, dass an der Leine auf andere Hunde treffen eine Gefahr für ihn ist.
Aus eigener Erfahrung rate ich absolut ab von strafenden Reizen, denn dies verschlimmert in den allermeisten Fällen die Aggression!
Andere Hunde hingegen entwickeln ein Meideverhalten, d.h. sie vermeiden das Verhalten aus ANGST vor der Strafe und vor IHNEN.
BEIDES wollen sie nicht, oder ?
Wenn Sie jetzt denken “Daher lass ich ja auch jemand anderen die Rasseldose werfen…”, dann überdenken Sie dies noch einmal ganz genau und lesen Sie erneut das Thema “Fehlverknüpfung”, denn der Hund verknüpft in den seltesten Fällen SEIN Verhalten mit der Strafe, sondern bspw. den Artgenossen, Sie oder auch ein Kind, das zufällig gerade ggü steht, mit dem Strafreiz.
Jetzt denken Sie bestimmt “Und nun ? ich muss doch meinem Hund klar machen, dass er das nicht tun soll!?” – das ist korrekt und das Gute ist: es gibt einen sehr erfolgreichen Weg OHNE Gewalt, Druck, Abbruchkommando oder Strafreiz !
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