So, wie ist das nun mit dem positiv verstärken, belohnen, Grenzen setzen, verbieten, etc… ?
Viele werden es nicht glauben, aber das eine schließt das andere NICHT aus!
Das Leben ist nicht nur positiv, daher kann sich auch niemand auf die Fahne schreiben, dass er rein positiv mit seinem Hund umgeht und wenn ich als Trainer für meine Hundeschule mit dem positiven Training werbe, dann bedeutet das nicht, dass wir alles durchgehen lassen und den Hund immer nur mit einem Leckerlie weglocken.
Immer wieder wird das positive Hundetraining verpönt, aber die, die das tun, haben leider immer noch nicht verstanden, was hier eigentlich getan wird.
Ich bin ein absoluter Fan von gewaltfreiem Training. Gewaltfrei bedeutet für mich, dass ich dem Hund keine Schmerzen zufüge und ihn auch nicht psychisch strafe indem ich ihm Angst mache mit Schreckreizen wie Rappeldosen oder ähnliches.
Nehmen wir ein Beispiel meiner Dackel-Dame Pepper und ihr Verhalten gegenüber Chico:
Pepper liegt im Flur auf Ihrem Kissen. Chico möchte ins Bad laufen, wo er an ihr vorbei muss. Pepper schießt vor, springt ihm Richtung Hals und schnappt Chico heftig weg. Dieser weiß überhaupt nicht, warum das gerade passiert und wendet sich empört ab. Ich wusste in dem Moment auch nicht, was los war, aber wahrscheinlich hat sie gerade einfach beschlossen, dass die 3. Badfliese von links jetzt gerade mal ihr gehört und daher das Bad abschirmte.
Ich dulde das nicht!
Heißt: Ich gehe mit einem klaren Signal „Stop“ (was positiv aufgebaut ist -> Stop bedeutet „Vorwärtsbewegung einstellen und zurücknehmen“) körpersprachlich dazwischen, stelle mich vor Pepper und schirme Chico ab. Pepper geht zurück, Chico kann ins Bad, legt sich dort auf die kühlen Fliesen. Ich lobe Pepper, dass sich zurück genommen hat, gebe ihr das Freigabe Signal und sie legt sich einfach zu ihm und sie teilen sich die 3. Badfliese von links.
Was ist in dieser Situation passiert ? … ich habe eingegriffen und das Verhalten von Pepper gestoppt, unterbrochen und gleichzeitig den nichts-ahnenden Chico geschützt.
Wer unsere Seite verfolgt weiß, dass Pepper ein „Ressourcen-Schweinchen“ ist. Daher bin ich sehr vorausschauend und trenne die Hunde, wenn Sie etwas zum Kauen bekommt. Man kann vieles managen und ich bin auch dafür das zu tun, damit keine blöden Situationen entstehen, die man voraussehen kann, aber in dem Beispiel von oben war für mich der Auslöser nicht bekannt. Falls es die Badfliese war, kann weder Chico noch ich das vorausschauen.
Natürlich akzeptiere ich das Verhalten von Pepper nicht und ich locke sie auch nicht mit einem Leckerlie weg.
Ich stoppe das Verhalten von Pepper und setze die klare Grenze:
Bis hierher und nicht weiter!
ABER der Unterschied für mich ist: Sie bekommt keine Angst vor mir, da Sie mit mir das Stop-Signal lernen durfte und es für sie berechenbar ist, wenn es kommt.
Für mich ist das eine klare Grenze, die ich ihr setze, was ich auch Chico schuldig bin! … Ich muss dazu Pepper aber nicht in die Flanken zwicken oder an den Ohren ziehen. Mal von den Nebenwirkungen abgesehen, was hätte sie gelernt beim Flanken zwicken? … dass es weh tut, gegenfalls hätte sie den Schmerz auch noch mit Chico verknüpft. Sie hätte beim Zwicken nicht gewusst, dass sie rückwärts gehen soll.
Beliebt ist ja auch in solchen Momenten eine Rappeldose vor die Füße zu werfen. Wodurch übrigens auch Chico mit bestraft worden wäre, denn dieser hätte den Schreckreiz auch abbekommen und das wäre ja wohl absolut fatal.
Also: gewaltfrei bedeutet N I C H T grenzfrei.
Gewaltfrei bedeutet: Ich setze die Grenze so, dass mein Hund weiß, was er tun soll, keine Angst vor mir bekommt und sein Vertrauen zu mir nicht verliert!